1. Nächstenliebe sollte Schule machen

    Tafelfreunde leisten 21.280 Stunden Arbeit ehrenamtlich / Überproduktion von Lebensmitteln kritisch betrachtet

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    BÜCKEBURG (hb). "Es ist eine Schande, dass Millionen Tonnen an Lebensmitteln vernichtet werden und ein Armutszeugnis für reiche Länder, dass es Tafeln geben muss", erklärt Bürgermeister Reiner Brombach im Rahmen der Jahreshauptversammlung der "Bückeburger Tafel" vor Mitgliedern und Helfern. Was zu viel produzierte Lebensmittel anbelangt, seien die Tafeln eine Brücke.

    Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr hatten die ehrenamtlichen Helfer wieder fleißig in die Hände gespuckt. Zusammen mit dem DRK waren inklusive der Fahrer 21.280 Stunden geschultert worden, um in der Dammstraße inzwischen 916 bedürftige Familien mit noch verwertbaren Lebensmitteln, die von heimischen Märkten gesponsert wurden, zu versorgen.

    Der Tafelvorsitzende Heinrich Heitmann hatte allerdings nicht nur positive, sondern auch kritische Anmerkungen in seinem Jahresbericht. In persönlichen Gesprächen war die Frage in den Raum gestellt worden, ob die Tafelbewegung nicht die bestehende Bedürftigkeit zementiere, weil sie keinen Anreiz zur Selbstversorgung biete.

    Das sieht Heitmann von zwei Seiten. Zum einen müssten die kritischen Äußerungen durchaus nicht in jedem Fall falsch sein und zum andere werfe sich die Gegenfrage auf, ob es für die Fähigkeiten des genannten Personenkreises auch Arbeitsplätze gibt.

    Heitmann nimmt dann den von Brombach hingeworfenen Handschuh hinsichtlich der Lebensmittelindustrie auf, die seines Wissens nach 15 Prozent mehr produziere, als der Markt benötigt. Das hänge damit zusammen, dass die Märkte teilweise bis 22 Uhr geöffnet sind und den Kunden auch zu diesem Zeitpunkt noch alles bieten möchten, wie dem Kunden, der als Erster den Laden morgens betreten hat.

    Wenn diese Überproduktion komplett entsorgt werden muss, stelle sich nicht nur die Frage nach den enorm hohen Entsorgungskosten. Viele der Mitbürger wüssten noch, dass es früher eine Sünde war, Brot wegzuwerfen. Es sei erstaunlich, wie viel davon heute in den Mülltonnen zu finden sei.

    Die Tafel sieht sich allein schon aus diesem Grund als Partner der Lebensmittelhändler und Hersteller. Heitmann in Richtung Kritiker: "Anstatt anzuprangern, haben wir allen Grund auch im Namen der Bedürftigen, Danke zu sagen."

    Die von Hans-Jürgen Lohmann geführte EDV Statistik der Tafel gibt darüber Auskunft, dass die Zahl der Bedürftigen im letzten Jahr von 716 auf 916 Familien mit 2352 Personen um satte 28 Prozent gestiegen ist.

    Kassenwart Arno Franke konnte mitteilen, dass den Einnahmen von etwa 50.000 Euro an Mitgliederbeiträgen und Spenden Ausgaben in Höhe von rund 40.000 entgegenstehen. Es konnte somit ein kleiner Gewinn erwirtschaftet werden.

    Bevor die Versammlung mit einem gemeinsamen Essen und einen gemütlichen Teil des Abends im Jetenburger Hof ausklingen ließ, wurde dem Vorstand mit Heinrich Heitmann als Vorsitzender, seinem Stellvertreter Heinrich Rohde, Kassenwart Arno Franke und Schriftführer Dieter Liese, sowie den Beisitzerinnen Karin Gerstenberg und Barbara Springer für ein weiteres Jahr das Vertrauen ausgesprochen.

    Pastor Dr. Wieland Kastning war gern zur Versammlung gekommen, um "Danke" zu sagen und sich für die gute Zusammenarbeit der Tafel mit der Kirche zu bedanken. Er wünschte mit Blick auf die geleistete Arbeit der Tafelfreunde: "Nächstenliebe sollte Schule machen." Foto: hb