BÜCKEBURG (nb). Die Ökumene als Herzenswunsch: Für den Landesbischof in Ruhe, Jürgen Johannesdotter, ein allgegenwärtiges Thema, das seine Arbeit bestimmt und ihn bereits während seiner Kindheit im Osnabrücker Land geprägt hat. Die Zusammenarbeit und Einigung der Kirchen wurde so auch zum Inhalt seines Referates, zu dem die Senioren-Union den Kirchenmann eingeladen hatte. "Begegnungen mit Papst Benedikt XVI.", so der Titel, stellte die Kommunikation mit dem Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche ebenfalls in diesen Kontext. Johannesdotter berichtete von Zusammentreffen zu einer Zeit, als der Papst noch bei seinem bürgerlichen Namen, Joseph Ratzinger, genannt wurde. Sehr genau ist er demnach schon zu Kardinalszeiten gewesen, wenn es um theologische Antworten auf Fragen der Ökumene ging. Der Gemeinsamkeit beider Glaubensrichtungen wusste er stets etwas Passendes entgegenzusetzen, stets zu Wortgefechten bereit, wenn es darum ging, Kernfragen des Glaubens anzugehen. Johannesdotter habe ihn als durch und durch ernsten Menschen erlebt, das Papsttum als Benedikt XVI. habe ihn jedoch verändert. "Er ist Hirte des Gemeinsamen geworden und ein Wächter über faule Kompromisse", so Johannesdotter, was ihn jedoch nicht weniger zum Traditionalisten im Gefüge der Kirche macht. "Theologisch kann diesem Papst in Rom keiner das Wasser reichen, er weiß es tatsächlich fast immer besser." Als deutliches Zeichen in Richtung Gemeinsamkeit wertet Johannesdotter jedoch den Besuch des Traditionalisten im Augustinerkloster in Erfurt, wo Martin Luther einst um die für ihn alles entscheidende Frage um den gnädigen Gott gerungen hat und damit den Grundstein für den protestantischen Glauben legte. Gegen die Kurie hatte er diese Station seiner Deutschlandreise durchgesetzt. Auf die Nachfrage eines Zuhörers, ob nun mit deutlichen Fortschritten zu rechnen sei, lenkte der Bischof jedoch ein. Er habe zwar den Eindruck, dass der Papst seine Kräfte nutzen will, um an einigen Stellen weiterzukommen. Sein Fokus richte sich dabei jedoch vorrangig auf die orthodoxen Christen. Ein echter "Durchbruch" zu Lebzeiten des Papstes werde vermutlich nicht mehr kommen. Die Wahl Benedikts XVI. bedeute eine innerkatholische Konsolidierungsphase. Vor diesem Hintergrund beantwortete Johannesdotter auch die Frage, ob die Ökumene nun tatsächliche Fortschritte oder eher Rückschritte gemacht habe: "In einigen Grundfragen sind wir weitergekommen, nachhaltige Dinge sind auf den Weg gebracht." Große Veränderungen sind laut Johannesdotter jedoch nicht zu erkennen. Für die künftige Arbeit an der Ökumene richtet Johannesdotter einen Appell an die Christen beider Kirchen: Die Gläubigen sollten sich auf die Gemeinsamkeiten konzentrieren, die bereits bestehen, wie etwa die Taufe. "Ich glaube es ist weiterhin Schweiß und Arbeit." Er empfiehlt, sich "daran zu orientieren, was verbindet, nicht an dem, was trennt". Ein Zuhörer nahm die Diskussion über die Zusammenarbeit der Christen zum Anlass, den Islam und seine steigende Verbreitung in Europa ins Spiel zu bringen. Wie man dem begegnen solle, beantwortete Johannesdotter mit einer persönlichen Einschätzung. "Die Welt ist in einem Zustand, dass es aller Zusammenlegung der Kräfte und Potentiale wert ist." Er habe keine Angst vor dieser Situation. Im Bezug auf den türkisch geprägten Islam ließ er einfließen, dass "der Islam überall in der Welt noch die Phase der Aufklärung vor sich habe". Es sei noch weitgehend ungeklärt, wie dies zu lösen sei. In Deutschland hält er es für wichtig, für die jetzige aufwachsende Generation einen Islam-Unterricht zu ermöglichen, der von fortschrittlicher Ausrichtung geprägt ist. Davon hänge Vieles ab, auch ob "wir Angst vor der Ausweitung des muslimischen Teils unserer Gesellschaft haben oder nicht". Die angespannte Situation zwischen den Religionen hält Johannesdotter für "nicht unumkehrbar" oder "unheilbar", das derzeitige "Pingpong" werde jedoch nicht viel nützen. Er riet dazu, das "christliche Selbstbewusstsein über unsere Religion zu stärken". Im Bezug auf die unausgewogenen Geburtenraten wolle er auch den Christen wieder Mut zu Kindern machen.
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