BÜCKEBURG (bb). Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe des Europäischen Parlamentes, hat in einer Rede im Rahmen der Bückeburger Mittelstandsgespräche, die europäische Zusammenarbeit als "zwingende Notwendigkeit" hervorgehoben. "Alleine werden wir es nicht schaffen", hielt er in seinem Vortrag vor Gästen aus Wirtschaft und Politik in den Räumen des Unternehmens Harting im Industriegebiet fest.
Angesichts der neu aufstrebenden Wirtschaftsräume etwa in Indien und China mit ihrer großen Einwohnerschaft sei es entscheidend, die Kräfte in Europa zu bündeln. Allein auf sich gestellt werde es den vergleichsweise kleinen Nationalstaaten auf dem alten Kontinent nicht gelingen, das gewohnte Wohlstandsniveau zu erhalten oder auszubauen. Abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg einer Region sei auch immer die Fähigkeit, ihr Wertesystem zu behaupten.
"Die Krise als Chance für Europa" lautete der Titel von Herbert Reuls Vortrag und der Europa-Abgeordnete redete die Probleme nicht klein. "Wir haben eine dicke Krise", diese hänge zusammen mit der Krise in der Banken und Finanzwelt sowie mit der Verschuldung der Staaten. Offenbar habe ein Defizit an Regelungen sowie die Missachtung der Regeln in diese geführt. So sei etwa im Vorfeld der Krise insgesamt 68 Mal gegen den Stabilitätspakt verstoßen worden und zwar auch von den EU-Schwergewichten Deutschland und Frankreich, erinnerte Herbert Reul. Deshalb seien nun strikte Kontrollen und Automatismen entscheidend. Hilfen für die schwer betroffenen Staaten dürfe es nur bei entsprechenden Reformanstrengungen geben. Einsparungen müssten unternommen und die Strukturpolitik verändert werden.
In einer an den Vortrag anschließenden Diskussion verwies Moderator Fritz Pape, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, auf eine hohe Regelungsdichte, die das heimische Handwerk belaste. Würden diese in anderen EU-Staaten überhaupt eingehalten? Herbert Reul erklärte, dass er eine Beschränkung der Anzahl der Regelungen grundsätzlich für sinnvoll halte, dafür sei schärfer zu kontrollieren. Es sei aber falsch, in diesem Feld mit dem Finger nur auf Europa zu weisen. Oft genug würde etwa Deutschland auf die EU-einheitlichen Bestimmungen noch weitere Regelungen draufsatteln. Im Einzelfall würden vielfach die Lobbygruppen in den Nationalstaaten auf eine intensivere Regelung drängen. Der Kreistagsabgeordnete Heinrich Sasse verwies auf eine Entfremdung der Arbeitnehmer und des "kleinen Mittelstandes" von Europa, weil diese ihre Belange durch die EU nicht vertreten sähen. Reul räumte ein, dass dies ein "Riesenproblem" sei, dass sich dieses jedoch nicht auf die europäische Ebene beschränke, sondern die Politik ganz allgemein betreffe. Hier gebe es keine Patentrezepte, um die Menschen einzubinden.Foto: bb