BÜCKEBURG (hb/m). Im unzureichend geheizten Rathaussaal hat Professor Dr. Eberhard Sandschneider, Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin, auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Thema: "Bedrohung China? Chancen und Risiken des chinesischen Aufstiegs im 21. Jahrhundert" gesprochen. Sandschneider verzichtete auf das Aufzählen von Zahlenkolonnen, die sowieso ihre Bedeutung verändern würden, wenn man sie angesichts von 1,3 Milliarden Einwohnern in pro-Kopf-Zahlen umrechnet.
Eine Bedrohung durch China sei ein Thema der Medien, führe aber in die Irre.
Genauso beeindruckend wie der Aufstieg seien auch die Probleme. So sei es schwer, in Peking auf die Straße zu gehen und tief einzuatmen. Es gebe eine Umweltzerstörung in einer unvorstellbaren Größe.
Zudem habe das Land ein Ressourcenproblem. Beispiele seien Öl, Gas, Kohle und Mangan. Bei Lebensmitteln sei man von Importen abhängig. Die wichtigste Ressource sei das Wasser. "Shanghai ist auf Trinkwasser-Importe angewiesen", weiß Sandschneider. Nachdem China 500 bis 600 Jahre lang ein ständiger Absteiger, wirtschaftlich und politisch, und ein Spielball von Kolonialmächten gewesen sei, habe 1978 der Aufstieg begonnen. Der "Pragmatismus" sei der Grund dafür. Es sei aber ein sehr zweischneidiger Aufstieg gewesen. Ein großes Problem ist laut Sandschneider die soziale Ungerechtigkeit.
Die Schere zwischen arm und reich gehe rasend schnell immer weiter auseinander. So steige das Einkommen der obersten zehn Prozent um 167 Prozent jährlich, das der unteren zehn Prozent um 37 Prozent.
Pro Jahr gebe es etwa 180.000 Fälle sozialer Unruhen.
"Auch in China wachsen die Bäume nicht in den Himmel", so Sandschneider. Dagegen wachse nichts schneller als das nationale Selbstbewusstsein.
Für die Stabilität im Land sorgen nach den Worten von Prof. Dr. Eberhard Sandschneider rund 80 Millionen KP-Mitglieder, 300 bis 450 Millionen Angehörige des neuen Mittelstands, denen es deutlich besser als vor 1978 geht und die Volksbefreiungsarmee, die nicht dem Staat, sondern der Partei verpflichtet sei.
Angst müsse man keine vor China haben, aber "wir müssen lernen, denen nicht mit erhobenem Zeigefinger zu erklären, was sie zu tun haben". Es sei auch kein Vergnügen, mit Chinesen über Menschenrechte zu diskutieren. Sie würden dann auf deutsche Panzer-Exporte nach Saudi-Arabien und auf Guantanamo in den USA hinzuweisen.
Die Chinesen seien übrigens sehr gut über Deutschland informiert. Dagegen gebe es im Bundeskanzleramt ein Referat für internationale Beziehungen, zuständig für Kontakte zu Lateinamerika, China und den anderen Ländern Asiens. Hoffnung macht dem Referenten das baldige Ausscheiden des gegenwärtigen deutschen Außenministers.
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