BÜCKEBURG (wa). "Es wurde einfach brutal weitergebaggert. Die Gräber wurden zerstört", sagt Pastor Thomas Krage, Evangelisch-reformierte Kirche Bückeburg. Bei Baggerarbeiten hinter dem neuen Sparkassengebäude am Parkplatz Oberstenhof, ist die dort tätige Baufirma auf menschliche Knochen gestoßen. Begräbnisreste bezeugen, dass in diesem Bereich der Bückeburger Innenstadt wie schon lange vermutet ein Friedhof der Hugenotten gewesen sein muss. Während Pastor Krage die Totenruhe gestört fühlt, möchte Kommunalarchäologe Jens Berthold die archäologischen Funde untersuchen.
"Das ist eine historische Quelle, die kann man nicht einfach unerforscht unter die Erde bringen", erklärt der Archäologe. Entscheidende Hinweise auf den Hugenotten-Friedhof geben beispielsweise die Ost-West-Ausrichtung der Funde sowie die Lagerung der Knochen. "Wenn Oberschenkelknochen nebeneinander liegen, kann man davon ausgehen, dass es sich um Gräber handelt", sagt Berthold. Weil der Kommunalarchäologe zum Zeitpunkt des Fundes allerdings im Urlaub war, rückten Bezirksarchäologe Friedrich-Wilhelm Wulf und ein Grabungsteam aus Isernhagen aus. Grabungstechnikerin Veronika König legte mehrere Knochen, Knöpfe und Sargreste frei, die derzeit gesäubert und dokumentiert werden. "Die Baufirma hat vorbildlich gehandelt", sagt Bückeburgs Stadtplaner Klaus Wolter.
Nachdem die Baufirma bei den Grabungen für den Regenwasserkanal die Knochen entdeckte, habe sie umgehend die Polizei Bückeburg verständigt. Dass es sich um archäologische Funde handelt, wurde erst durch die Sichtung der Experten klar. "Die Planungen für den Neubau sind sehr schlecht gelaufen. Es ist doch bekannt, dass sich in diesem Bereich ein alter Hugenotten-Friedhof befindet", sagt Pastor Krage. Stadtplaner Klaus Wolter erklärt auf Nachfrage des Schaumburger Wochenblattes, dass das Bauamt nichts über die Existenz des Hugenotten-Friedhofes in diesem Bereich wusste. Erst ein Journalist habe ihn darauf hingewiesen, dass bereits 1992 bei Straßenbauarbeiten Knochen gefunden wurden. Er sieht die Befürchtungen seitens der Kirche pragmatisch: "Heutzutage werden die Grabstätten auf Friedhöfen auch nach etwa 30 Jahren umgegraben. Aber natürlich wären wir sensibler vorgegangen, wenn wir vom Hugenotten-Friedhof gewusst hätten", erklärt Wolter.
Für Pastor Krage steht die Frage wie wir allgemein mit der Vergangenheit umgehen im Vordergrund: "Ich gehe doch davon aus, dass nach meinem Begräbnis niemand plötzlich durch meinen Körper baggert. Wenn man einen Parkplatz drüber macht, ist das ja noch in Ordnung, aber die Baggerarbeiten wurden knallhart durchgezogen. Es gab keinen Baustopp", sagt Krage. Die Funde werden nun nach Sichtung in Hannover wieder zurück an Jens Berthold übergeben. Krage glaube nicht daran, dass die Knochen erneut beigesetzt werden.
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