BÜCKEBURG (wa). Stühle rücken im Saal des Hubschraubermuseums: Die Projektgruppe "Zwangsarbeit" e.V. in Kooperation mit der Stiftung Leben & Umwelt organisierte eine Podiumsdiskussion zum Thema "Danke Antifa? Wie weit darf oder muss gesellschaftliches Engagement gegen Rechts gehen?" - alle Interessierten waren eingeladen. Doch mit knapp 300 Besuchern hatten die Organisatoren nicht gerechnet. So mussten sie sofort für weitere Sitzplätze sorgen.
Auf dem Podium saßen Inga Woltmann (didaktische Leiterin der Oberschule Bückeburg), Nils Schuhmacher (Politologe und Kriminologe an der Hochschule Esslingen), "Paula" und "Justus" von der Antifa und der Bückeburger Bürgermeister Reiner Brombach. Nach kurzen Eingangsstatements vom Podium öffnete der Moderator Stefan Schölermann die Diskussion, woraufhin im Publikum eine lebhafte Debatte entbrannte. Emotionen kochten zum Teil hoch.
Dass das Thema für viele Bückeburger nach wie vor relevant ist und nicht, wie oft behauptet wurde, der Vergangenheit angehört, wurde mehr als deutlich. Schon ein kurzer Film zu einer Straßenumfrage und Graffiti in Bückeburg, die eingangs abgespielt wurden, hatten dies deutlich gezeigt. Ein "Klima der Angst" herrsche in Bückeburg nicht, antwortet Bürgermeister Brombach auf die provokante Frage des Moderators und sorgt mit dieser Aussage für lautes Gemurmel im Saal.
Wenige Minuten später widerspricht ihm eine Mutter, als Brombach behauptet, dass das Problem keines der breiten Gesellschaft Bückeburgs sei, sondern eines dass nur jene betreffe, die sich gegen Rechts engagierten.
"Nicht nur unsere Kinder, sondern auch die Angehörigen werden teilweise massiv von rechter Gewalt bedroht", erklärt sie. Diese Tatsache werde in Bückeburg "ziemlich heruntergespielt". "Wir fühlen uns allein gelassen", ergänzte ein Vater. Er fände es teilweise schwierig, sein Kind zu ermutigen, zur Polizei zu gehen, nachdem diese aus seinen Augen oft nur halbherzig oder gar nicht gegen rechte Gewalt vorgegangen sei.
Arno Hansing von der Polizei Bückeburg trat dem Vorwurf entschieden entgegen. Die Polizei würde alle Straftaten verfolgen, er könne versprechen, dass alle Anzeigen ernst genommen würden.
Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass auch aus der "linken Szene" heraus Straftaten verübt werden und es häufig zu körperlichen Tätigkeiten käme. Es habe in der Vergangenheit eine "Gewaltspirale gegeben, die sich immer weiter nach oben gedreht habe", sagte Hansing. Die Eskalation sei von beiden Seiten ausgegangen und befeuert worden.
Von Seiten der Antifa hingegen heißt es, dass man keine Hilfe erfahren habe von der Öffentlichkeit und die körperliche Gewalt der Rechten Auslöser für die teilweise körperliche Verteidigung gewesen wäre. "Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie es ist, nicht mehr auf die Straße gehen zu können", fügt "Paula" noch hinzu. Dass es um mehr geht, als um einen "rechts-links-Konflikt zwischen Jugendlichen" hat die Podiumsdiskussion gezeigt.
Im Kern ging es auch an diesem Abend um die Frage, ob es notwendig und damit legitim ist, über rechtsstaatliche Grenzen hinaus, gegen Rechts aktiv zu werden.
An dieser Stelle gehen die Meinungen sicherlich auseinander. "Vor allem geht es aber darum Jugendlichen, die sich engagieren wollen, den Rücken zu stärken", betont der ehemalige Geschichtslehrer Friedrich Winkelhake am Ende der Podiumsdiskussion und erntet hierfür viel Applaus.
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