1. Wie kann die Energiewende funktionieren?

    Bückeburger Mittagsgespräch der Konrad-Adenauer-Stiftung / Prof. Dr. Rainer Gerloff referiert im Rathaussaal

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    BÜCKEBURG (nh). Wie steht es um die Energieversorgung in Deutschland und wie kann eine Energiewende effizient durchgeführt werden und eine flächendeckende Versorgung mit erneuerbaren Energie gewährleistet werden? Zu diesem umfangreichen Thema hatte die Konrad-Adenauer-Stiftung zum populären Bückeburger Mittagsgespräch in der Rathaussaal eingeladen. Professor Dr. Rainer Gerloff, Geschäftsführer der Stadtwerke Halberstadt und Dozent an der Hochschule Harz widmete sich in seinem Vortrag dem Status quo und den Zukunftsaussichten der anvisierten Energiewende in der Zukunft. Nach einer freundlichen Begrüßung durch Christoph Burs von der Konrad Adenauer Stiftung übernahm Bundestagsabgeordneter Maik Beermann die thematische Einführung und Moderation der Veranstaltung. Prof. Dr. Rainer Gerloff widmete sich dann der Frage: "Funktioniert die Energiewende?". Als Geschäftsführer der Stadtwerke Halberstadt, vom Aufbau ähnlich wie die Stadtwerke Schaumburg, sprach Gerloff über Chancen und Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen und Hindernisse in der geplanten Energiewende. Ganz pragmatisch stelle sich natürlich auch die Frage: was kostet diese Energiewende? Während Jürgen Trittin im Jahr 2004 noch proklamierte, dass die Energiewende jeden Haushalt nur durchschnittlich den Wert einer Kugel Eis kosten würde, wisse man heute, dass diese das größte Infrastruktur-Projekt sein wird seit dem Wiederaufbau. Dabei müsse die Energieversorgung sicher und bezahlbar bleiben. Die Kosten seien inzwischen auf rund 220 Euro pro Haushalt angewachsen - also deutlich mehr als eine Kugel Eis. Wichtig seien die drei Kernpfeiler Ökonomie, Ökologie und Versorgungssicherheit zu beachten. Zwar werden erneuerbare Energien gefördert, das anhaltende Problem sei jedoch nach wie vor eine fehlende Möglichkeit zur Dauerhaften Speicherung des erzeugten Stroms. Das habe zur Folge, dass derzeit aus physikalischen Gründen die Erzeugung gleich dem Verbrauch sein müsste, da ansonsten die Netzfrequenz zu sehr ansteige oder abfalle. 62 Prozent des derzeit verbrauchten Stroms komme aus konventionellen und nuklearen Energieträgern, 38 Prozent aus den erneuerbaren Energien. Ein Umbau der Stromerzeugung führe zu einem zeitlichen und geografischen Ungleichgewicht von Erzeugung und Verbrauch, womit auch die Anforderungen an die Verteil- und Übertragungsnetze steigen würden. Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz soll hier Abhilfe schaffen. Eine Modernisierung der Verteilnetze sei unbedingt notwendig, zur Behebung von Engpässen seien zudem neue Stromautobahnen nötig. "Diese Infrastrukturmaßnahmen sich zeitlich und finanziell aufwendig und wird sich unmittelbar in den Netzentgelten im Strompreis widerspiegeln", so Gerloff. Zudem würden sich Endverbraucher durch zunehmende Selbsterzeugung aus der Finanzierung herausnehmen, was zu steigenden Entgelten der anderen Nutzer führe. Die Hauptherausforderungen sieht Gerloff in der Digitalisierung, der Dekarbonisierung, der Dezentralität und der Demographie, die mit dem Klimaschutzplan 2050 zu lösen sind. In der anschließenden Diskussion meldeten sich zahlreiche Zuhörer zu Wort. So forderte Kreishandwerksmeister Dieter Ahrens in seiner Wortmeldung die Abschaffung des EEG und äußerte seine Enttäuschung über die Prognose Gerloffs: "Es scheint nach ihrem Worten so, als ob die Energiewende nicht funktionieren würde". Diese wollte Gerloff so nicht stehen lassen - dennoch gestand er ein Flexibilitätsproblem in der Wirtschaft und das Fehlen eines geschlossenen europäischen Konzeptes ein. Auch die Höhe des Strompreises und der Steuerabgaben monierte Ahrens, Gerloff stimmte den verhalten zu aber prophezeite auch einen wieder sinkenden Strompreis in der Zukunft. Auch im Anschluss entwickelte sich eine rege Diskussion unterschiedlicher Meinungen zu diesem Thema, sodass die neuste Ausgabe des Mittagsgespräches durchaus zu einem fruchtbaren Austausch und neuen Erkenntnissen geführt hat.
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