BÜCKEBURG (nh). Mit der Einführung der Beitragsfreien Kita in Niedersachsen sollen Familien finanziell entlastet werden. Aufgrund einer "komfortablen Situation" vor dieser Gesetzesänderung wurde auch in der Stadt Bückeburg eine Gebührensatzung mit geänderten Regelungen für Geschwisterkinder sowie die Beendigung der großzügigen Subventionen bei den Beiträgen zum Mittagessen beschlossen. Obwohl diese Änderungen von der Verwaltung und Rat gut gemeint waren und unter der Prämisse "Keine Familie solle hiervon benachteiligt werden" beschlossen wurde, stellt sich die finanzielle Belastung für Familien mit drei oder mehr Kindern höher als gedacht heraus - ein Aufschrei innerhalb der Elternschaft war die zu erwartende Folge. Was bisher geschah Seitdem ist einiges und doch nicht so viel passiert. In Frühjahr fand im Rahmen der Radiosendung "Jetzt reichts" vom NDR bereits ein Streitgespräch zwischen Vertretern der Stadt und der Elterninitiative statt. Damals versprach Brombach unter anderem ein Entgegenkommen in dieser Sache. Seitdem sind einige Monate vergangen, die Ausgleichszahlungen vom Land sind inzwischen angekommen. Auf der Rechnung der Stadt steht im Kita-Bereich zumindest auf dem Papier ein Plus von knapp 200.000 Euro - die Realität sieht jedoch anders aus. Nun trafen sich die Elterninitiative, Elternbeirat und die Fraktionsvorsitzenden zu einem erneuten Gespräch. Mehrkosten für Familien Die finanzielle Mehrbelastung bringe gerade kinderreiche Familien an ihre Grenzen und werde als ungerecht und unsozial empfunden, so der Tenor der Elterninitiative. In einem simplen Rechenbeispiel veranschaulichte Parlow, inwiefern sich die geänderte Gebührensatzung auf Familien mit zwei oder mehr Kindern auswirke. Zwar ist die Betreuung für das erste Kind in der KiTa kostenlos, dennoch kommen auf Eltern mit mehreren Kindern in der Betreuung Kosten für die Geschwisterkinder hinzu. Der kostspieligste Posten ist hierbei die Krippenbetreuung. Haben Familien zeitgleich ein Kind im Hort, in der KiTa und Krippe, kommen mehrere hundert Euro Mehrbelastungen auf die Familien zu. Besonders der Übergang zur neuen Gebührenordnung sei hart gewesen: "Innerhalb von fünf Wochen mussten wir und viele Familien zusehen, wie wir einige hundert Euro mehr im Monat stemmen", so Susanne Parlow. Allein für das Mittagessen, dass zuvor komplett übernommen wurde, zahlt die Familie rund 1080 Euro mehr im Jahr. Die Vertreter der Parteien argumentieren wiederum mit gestiegenen Investitionen im KiTa-Bereich, unter anderem durch den Neubau der Julianen-KiTa, gestiegenen Personalkosten und der Gründung von insgesamt elf neuen KiTa- und Krippengruppen. Unerwartetes Investitionsvolumen "Natürlich war der Übergang krass - doch wir hatten auch vorher eine recht komfortable Situation für Familien", argumentierte Axel Wohlgemuth (CDU). Generell müsse die Stadt sehen, wie Sie die kalkulierten Mehraufwendungen von rund 4,4 Millionen Euro im KiTa-Bereich in diesem Jahr wieder reinbekomme. Überhaupt habe der plötzlich gesteigerte Bedarf an Betreuungsplätzen und das hohe Investitionsvolumen die Stadt ebenfalls überrascht, es musste schnell gehandelt werden, um sich langfristig nicht zu verschulden, erläuterte Ratsfrau Iris Gnieser (CDU). Und dies geschehe bei weitem nicht nur über die Beiträge für die Kinderbetreuung, ebenfalls werde deutlich an der Steuerschraube gedreht. Die Initiative zeigte ihr Unverständnis darüber, dass die Investitionskosten nur über die derzeit zahlenden Eltern finanziert würden. Dem widersprachen die Fraktionsvorsitzenden - zum einen würden die Kinder von der guten Betreuung profitieren und auch darüber hinaus, nach dem Kindergartenalter, könnten sie die zahlreichen von der Stadt geförderten Angebote für Kinder nutzen. "Es ist ja nicht so, dass wir nur im KiTa-Bereich investieren - es geht weiter bei den Schulen sowie den außerschulischen Angeboten wie der Musikschule. "Als politische Vertreter müssen wir alle Bürger im Blick haben sowie den Gesamthaushalt", erklärt Ratsherr Wohlgemuth. "Wirkungslos und ungerecht" Auch die eingeführte Kostendeckelungsrichtlinie sei wirkungslos, so die Eltern. Im Beispiel der Familie Parlow/Tegeler würden monatlich 380 Euro für die Kinderbetreuung fällig, die Richtlinie verläuft bei 360 Euro, sodass die Familie lediglich 20 Euro weniger zahlen müsse. Bei der Familie Parlow/Tegeler ergeben sich insgesamt Mehrbelastungen von 2880 Euro pro Jahr, durch die Kostendeckelungsrichtlinie wird diese lediglich um 240 Euro reduziert. "Diese Richtlinie ist ungerecht, unwirksam und greift effektiv nur für bestimmte Familien", merkt Parlow an. "Wissen Sie eigentlich, was Sie da für Entscheidungen treffen, haben Sie sich das vorher wirklich durchgerechnet?", war nur eine der drängenden Fragen. "Wie stellen Sie sich eine gerechtere Lösung vor?", fragte Jens Bartling (SPD). Die Initiative hat konkrete Forderungen formuliert, unter anderem eine erneute Anpassung der Gebührensatzung in Form einer Staffelung nach Einkommen sowie die Erarbeitung einer wirkungsvollen Alternative zur derzeitigen Kostendeckelungsrichtlinie. Zudem kam der Vorschlag auf, die Gebühren für das Mittagessen nur bei tatsächlicher Anwesenheit des Kindes zu bezahlen - also nicht in Ferien- und Urlaubszeiten sowie bei Krankheit. Wille zur erneuten Änderung? "Ein langsamerer Übergang wäre hilfreich gewesen. Wir wünschen uns, dass man nochmal guckt: Wie können wir das ausgleichen?", war der Wunsch. "Es ist ihre Hauptaufgabe als Kommune. Eltern von drei oder mehr Kindern zahlen aktuell ein großes Stück des Kuchens für alle anderen mit", so Jens Tegeler. Bartling dagegen: Unsere Hauptaufgabe ist es, die Kommune für alle Bürger lebenswert zu machen. Das vergangene Jahr ist nun mal gelaufen und die Gebühren sind meiner Meinung nach moderat". Wohlgemuth: "Natürlich haben wir nicht jeden Einzelfall bedacht, dennoch hatten wir uns vorher damit intensiv beschäftigt. Der Gesetzesanspruch und die Beitragsfreiheit wurde vom Land festgelegt, nun ist es bei den Kommunen, dieses umzusetzen. Dabei haben wir hier wirklich mit der Julianenkita was Tolles geschaffen!". Ob es denn den Willen gebe, an der derzeitigen Situation etwas zu ändern, wollte Parlow wissen. "Der Wille wäre schon da, nur wir wissen nicht wie", nannte Oliver Salomon die Situation beim Namen. Ein weiteres Vorgehen oder konkrete Ziele wurden seitens der Fraktionsvorsitzenden nicht benannt. "Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Gespräch Ergebnisse gebracht hat. Wir warten ab, was von der Politik kommt", so Parlow. Zumindest hatten die Ratsherren noch einige freundliche Worte im Gepäck - und lobten das leidenschaftliche Engagement Parlows, mit dem sie für diese Sache kämpfe. Foto:nh
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Insbesondere kinderreiche Familien stehen vor enormen finanziellen Belastungen
Verschiedene Positionen werden bei Gespräch zwischen Elterninitiative, Ratsmitgliedern und Elternbeirat ersichtlich
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