1. "Keine Angst vor Herausforderungen haben, sondern sie annehmen!"

    Gastredner Sigmar Gabriel referiert über "Zeitenwende in der Weltpolitik" / Ahrens zieht eine positive Bilanz

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    BÜCKEBURG (nh). Bis auf den letzten Platz besetzt war die Rathaussaal beim Neujahrsempfang der Volksbank, der Kreishandwerkerschaft und dem Steuerberater Ortsverband Schaumburg. Als Gastredner war der ehemalige Bundesminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel geladen, der mit seinem rhetorisch ausgefeiltem Vortrag über die "Zeitenwende in der Weltpolitik" das Publikum begeisterte. Volksbank-Vorstandsmitglied Joachim Schorling offenbarte erste Zahlen des Jahresabschlusses 2019 und zog eine positive Bilanz. Doch an den Niedrigzinsen werde sich laut seiner Voraussage auch in den kommenden Jahren wenig ändern. Kreishandwerksmeister Dieter Ahrens fällte ebenfalls ein positives Resümee über das abgelaufene Jahr für die Handwerke im Landkreis. "Die Auftragsbücher sind noch immer gut gefüllt und es konnten wieder mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk begeistert werden. Doch der Fachkräftemangel führt zu längeren Wartezeiten. Doch keine Sorge - wir lassen unsere Kunden dennoch nicht im Regen stehen", versprach Dieter Ahrens. Gerald Siegmann von Steuerberaterverband verdeutlichte dem Publikum auf amüsante Weise, in wie weit das "Bürokratiemonster" in Deutschland Überhand nimmt und die Bürokratisierung hierzulande ad Absurdum geführt wird. "Es grenzt fast an eine Wunder, dass es trotz dessen hier noch rund läuft. Aber wie lange noch?". Der Abbau der bürokratischen Hürden müsse nun endlich in Angriff genommen werden. Sigmar Gabriel schaffte zu Beginn seiner Rede eine galante Überleitung zu den Worten seines Vorredners: "Erstmal muss ich sagen: Ich fühle mich heimisch bei der Volksbank - der einzige Ort wo man noch getrost Genosse sein kann. Doch auch ich war früher ein Teil des eben erwähnten "Bürokratiemonsters" Gesetzesgebung. In den vergangenen 70 Jahren habe man die Balance zwischen Eigenverantwortung und Regelvorgaben seitens des Staates verloren. Die hoch gelobte Einzelgerechtigkeit sollte durch immer mehr bürokratische Regelungen gesichert werden, das der Rückbau schwierig und langwierig werde. Gabriel verwies auf die "One-in-one-out"-Regel, die Politiker anderer Länder wie unter anderem Großbritannien dazu verpflichte, beim Einbringen eines neuen Gesetzes oder einer neuen Regelung dafür eine dem finanziellen und personellen Umfang gleichwertige Regel abzuschaffen. "Eine gute Regel um zu regulieren und das Bewusstsein des Gesetzgebers zu schärfen". Gerade in der aktuellen Zeitwende der Weltpolitik, in der wir uns befänden, sein ein geschärftes und sich entwickelndes Bewusstsein von Nöten. "Was für ein Europa wollen wir unseren Kindern hinterlassen?", fragt Gabriel die Anwesenden. Diese Frage werde derzeit entschieden und Deutschland müsse sehen, dass es mit Entwicklung und Fortschritt mithalte. In Europa und der ganzen Welt würden sich Machtgefüge und Konflikte verschieben, Bündnisse aufgekündigt und neue Positionen eingenommen werden. Der enorme Fortschritt Chinas und die Unberechenbarkeit Amerikas unter Trump sorgen für Veränderte Bedingungen. "Europa wurde gegründet um sich raus zu halten, doch das funktioniert heute nicht mehr", erklärt Gabriel. Europa und auch Deutschland alleine wären lange zu zögerlich gewesen und hätten sich bei Konflikten zu sehr auf die Position und Unterstützung der USA verlassen. Im Angesicht der bevorstehenden Libyen-Konferenz in Berlin könne Deutschland wieder als fairer Vermittler auftreten und sich in aktive Lösungen einbringen. "Es gibt keine risikolosen Lösungen mehr, es gilt abzuwägen, welche man eingehen kann oder will. Doch die Herausforderungen müssen angenommen werden" forderte der ehemalige Vizekanzler. Mit unserer offenen und von vielen geschätzten Volkswirtschaft sowie unserem eigentlichen Verhandlungsgeschick könnten wir mehr als nur ins gestern und heute zu investieren. Man müsse sich mehr mit dem "Morgen" beschäftigen" und diese Herausforderungen nicht scheuen, bevor wir in der ökonomischen Entwicklung abgehängt würden. "Mein Plädoyer ist: Keine Angst vor den Herausforderungen haben, sondern sie annehmen!", so Gabriel. Die Ärmel sollten hochgekrempelt werden, damit man in fortschrittliche 20er Jahre gehe und den Kindern eine gute Welt hinterlasse. Foto:nh