1. Am Wochenende wurde an die Min...

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    Am Wochenende wurde an die Mindener Glacisbrücke, die Fußgängerbrücke die rechtes und linkes Weserufer miteinander verbindet, eine morbide Entdeckung gemacht: Unbekannte hatten eine schwarze Schaufensterpuppe am Brückenbogen buchstäblich "gehängt", versehen mit einem "Covid-Presse"-Schild um den Hals und einer Maske mit dem Schriftzug "blind" vor den Augen - ein Passant hatte diese entdeckt und die Polizei verständigt. Diese Aktion ging schnell viral und rief die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Die einen sehen es als direkte Kritik an der Arbeit der (lokalen) Presse und als moderates Mittel, seine Meinung öffentlichkeitswirksam zu äußern. "Anders wird einem ja nicht zugehört" oder "Mit Trillerpfeife und leisem Protest wird man auch diffamiert als Aluhut-Träger, dann muss der mündige Bürger seine Meinung nun auf diesem Wege äußern" waren nur einige der befürwortenden Kommentare, die sich in den Sozialen Medien lesen liessen. "Unangebracht, makaber und bedrohlich" oder "Kritik in allen Ehren, aber dies kommt einer offenen Drohung gleich" und noch weitere, entsetzte Kommentare waren wiederum auch zu lesen. Aus dem Entsetzen auf der einen Seite und dem Verständnis auf der anderen ist zwar ein offener Diskurs entstanden, die Fronten sind jedoch verhärtet. Und die eigentlichen Akteure - Adressant und Absender - diskutieren nicht mit. Auch wir stellen uns die Frage: wie weit darf Kritik und Meinungsäußerung gehen? Als Journalisten begrüßen wir jegliche Art des Feedbacks und des Austauschs, nehmen konstrktive Kritik offen zur Kenntnis und denken darüber nach, wie wir es besser machen können. Nicht immer sind Menschen mit der Berichterstattung in der lokalen Presse zufrieden - auch das gehört dazu. Durch offen geäußerte Meinungen, konstruktive Kritik und einen fairen Diskurs können Dinge besser werden und Menschen und Gruppen sich einander annähern, Verständnis füreinander generieren. Doch diese Art der "Meinungsäußerung" oder Kritik, wie sie am vergangenen Wochenende in Minden die Runde gemacht hat, ermöglicht weder einen fairen Diskurs noch Dialog. Die Kritik - wenn es denn eine sein sollte - wird zwar gehört, fliegt aber ins Leere. Es lässt sich nur vermuten, wer der Absender dieser Botschaft war, der Adressat bleibt schwamming aufgrund des zusammenfassenden Oberbegriffs "Presse". So kann die Kritik weder gezielt ankommen noch ein konstruktiver Austausch zwischen Adressat und Absender entstehen, es bleiben Vermutungen. Gerade in diesen schwierigen Zeiten mit ihren Wirrungen und den vielen resultierenden Sorgen, sollte eine fairer und kommunikativer Austausch stattfinden. So folgt nur noch eine Vermutung: Der Absender hatte es niemals auf einen Dialog abgesehen. DIe Freiheit der Meinung endet dort, wo jemand versucht, anderen mutwillig zu schaden oder zu Hass, Gewalt und Verachtung aufzurufen. Kritik und Hinterfragen sind immer richtig und wichtig - nicht nur bei einer ausgewogenen Berichterstattung, sondern auch generell innerhalb einer Gesellschaft, die einen offenen, ehrlichen und gerechten Diskurs mit allen Mitmenschen führen möchte und muss. Es bleibt zu hoffen, dass die sogenannten "Kritiker", die Verantwortlichen dieser Aktion und ihre Befürworter ihre Beweggründe noch einmal überdenken und zukünftig einen offenen, friedlichen und fairen Dialog mit der von ihr betitelten "Covid-Presse" oder aus ihrer Sicht jeglichen "Andersdenkenden" in der Gesellschaft suchen werden. Denn davon lebt eine Demokratie, die wiederum die Basis für unser aller Freiheit und - ja auch - für die Meinungsfreiheit bleibt.