BÜCKEBURG (nh). Seit Monaten wird heftigst um die mögliche Erweiterung der Firma Bauerngut an der Straße "Am Hasengarten" in Bückeburg debattiert. Während die Kritiker immer lauter wurden, hielten sich Stadt und Verwaltung bisher zurück und arbeiten den Verfahrensplan ab. Zwar soll Bauerngut in Bückeburg gehalten werden, ein klares Bekenntnis für die Erweiterung im Hasengarten blieb bisher jedoch nach Meinung der Firma Bauerngut aus. Nun hat diese Gespräche mit anderen Kommunen aufgenommen, die ebenfalls bereit wären, bei sich bauen zu lassen. Doch dann könnte die Firma ihr Hauptwerk gleich mit verlagern, dies hatte sie im Vorfeld kommuniziert. Nachdem diese Bombe platze, wuchs natürlich die Besorgnis innerhalb der Belegschaft. Und der Ton in der Diskussion wird erneut rauer. Der große Knall vergangene Woche Am Freitagmorgen wurden bereits die rund 800 Mitarbeiter des Unternehmens über die aktuellen Entwicklungen informiert. Zwar werde sich weiter für den Erweiterungsbau in unmittelbarer Nähe zum Hauptwerk eingesetzt, dennoch müsse einkalkuliert werden, dass der Bau nicht in Bückeburg realisiert werden könne. Aus wirtschaftlichen Gründen und aufgrund der Verantwortung gegenüber der Mitarbeiter sei die Firma gezwungen, alternative Standorte zu prüfen und befinde sich hierbei schon mit mehreren Kommunen im Gespräch, informiert Geschäftsführer Klaus Jeinsen. Das Unternehmen sehe sich mit der Tatsache konfrontiert, das vom Stadtrat Entscheidungen nicht gefasst und Beschlüsse aufgeschoben würden und das Unternehmen zu immer weiteren Gutachten aufgefordert werde. Und die Zeit drängt für das Unternehmen, äußert es bereits seit Jahren die Notwendigkeit der Erweiterung. "Fakt ist: Wir brauchen dringend mehr Platz für die Logistik und Produktion, unsere derzeitigen Kapazitäten sind nahezu ausgeschöpft", so Jeinsen weiter. Durch die Verlagerung von Logistik könnten im Hauptwerk neue Flächen für die Produktion geschaffen werden. So möchte das Unternehmen unter anderem seine Produktion im Bio- und vegetarischen Bereich weiter ausbauen, wie es bereits Anfang des Jahres informierte. Mit der Erweiterung möchte das Unternehmen zudem mindestens 80 neue Arbeitsplätze schaffen. Sukzessive könnten es sogar 200 werden. Bürgermeister Reiner Brombach war nicht überrascht über diese Nachricht, wenn auch die Stadt und Verwaltung mit Hochdruck am Verfahren arbeiten würden. "Die Gutachten sind kompliziert und das wird auch kein kleiner Bebauungsplan. Wir werden alles tun, damit es zu einer Realisierung kommt. Meiner Auffassung nach kann es gelingen, den Bau in die Landschaft einzufassen. Die Gegner machen es sich recht einfach und sehen das nur aus einem Blickwinkel. Wir müssen aber alles abwägen, ob man so einen Betrieb und die Arbeitsplätze verlieren möchte. Da sollte auch der Schaden für das Gemeinwohl gesehen werden. Ich hoffe auf eine kluge Entscheidung", so der Verwaltungschef auf Anfrage unserer Zeitung. Verfahren läuft, Entscheidung steht aus Nun wird es also richtig ungemütlich in der Causa Bauerngut. Der Verlust von Gewerbesteuereinnahmen und vor allen Dingen den zahlreichen Arbeitsplätzen würden die Stadt und die Bevölkerung schwer treffen. Doch handfeste Entscheidungen stehen noch aus, wie Bauamtsleiter Björn Sassenberg im jüngsten Bau- und Umweltausschusses beim Sachstandsbericht zu Bauerngut berichtet. Unter anderem das Verfahren zur Entlassung aus dem Landschaftsschutzgebiet benötige entsprechend Zeit, der entsprechende Antrag wurde an den Landkreis übermittelt. Ende Juni wird dieser im Umweltausschuss beraten und im anschließenden Kreisausschuss soll dann eine Entscheidung fallen, ob die Teilaufhebung des Landschaftsschutzes für den Bereich erlaubt werde. Des Weiteren sind umfangreiche Gutachten notwendig, so muss der Umweltbericht vor einem Aufstellungsbeschluss noch abgeändert werden, Ausgleichsflächen für den Artenschutz sind notwendig, das entsprechende Gutachten hat eine Relevanz der Feldlerche festgestellt. Das Verkehrs- und das Bodengutachten ist fertiggestellt, ebenso das Schallschutz-, Erschließungs- und Entwässerungsgutachten. So wurden keine Auswirkungen auf die Hofwiesenteiche festgestellt, für die Erschließung würde die Straße nach Westen aufgeweitet. "Das ist eine Zahn-um-Zahn-Planung und wurde auch so mit Bauerngut kommuniziert". In einer Bau- und Umweltausschusssitzung noch vor dem Sommer sollen alle zusammengetragenen Fakten und auch die Ergebnisse aus den Eingaben der Bevölkerung erörtert werden. Große Sorgen bei Belegschaft und Betriebsrat Was hier so sachlich verpackt wurde, ist für die Mitarbeiter von Bauerngut in dieser Woche zu einem Albtraum geworden. Die Sorge ist groß, dass die Firma den Standort aufgeben könnte. "Hier arbeiten zum Teil ganze Familien, manche sind hier seit 20, 30 Jahren. Wir machen uns Sorgen um unseren Arbeitsplatz. Ich habe in dieser Woche Kollegen gesehen, die deswegen sehr verstört waren", erzählt ein Mitarbeiter, der unbekannt bleiben möchte, unserer Zeitung. Diese Sorge sehen auch zahlreiche Ratsmitglieder, so versuchte auch Dieter Everding (SPD) im Ausschuss noch einmal klarzustellen: "Wird auch über die Beschäftigten nachgedacht oder heißt es nur: Mich betrifft das nicht? Diese Menschen haben Angst", so der Ratsherr. Auch der Betriebsrat von Bauerngut meldet sich zu Wort und kämpft für die Belange der Belegschaft: "Mit Entsetzen haben wir die Neuorientierung von Bauerngut aufgenommen, die sich im Zusammenhang mit dem geplanten Bauvorhaben fast zwangsläufig für unser Unternehmen ergeben hat. Wir als Betriebsrat von Bauerngut sehen uns in der Verantwortung für die mehr als 800 fest angestellten Mitarbeiter. Wir werden für unsere Kollegen und ihre Arbeitsplätze kämpfen und alles unternehmen, um den kompletten Erhalt an diesem Standort zu sichern. Deshalb fordern wir von der Bückeburger Politik kurzfristig ein klares Bekenntnis sowohl zum Erhalt des seit über 30 Jahren ansässigen Standortes als auch zum geplanten Neubauvorhaben! Die Problematik ist bereits seit 2019 in den politischen Gremien bekannt. Alle Informationen von Seiten Bauerngut liegen offen auf dem Tisch. Wir wollen jetzt endlich Klarheit. Nicht nur für unsere Kollegen selbst, sondern auch für ihre Familien, die zum Großteil hier in Bückeburg leben", informiert Betriebsratsvorsitzender Michael Haftmann in einer Pressemitteilung. Auch Bau- und Umweltausschussvorsitzende Sandra Schauer (SPD) stellte in der Einwohnerfragestunde, in der ein anwesender Kritiker die Zahl der Arbeitsplätze in Frage stellte, klar: Egal ob es 200 wären oder eben 800 Plätze - diese Arbeitsplätze sind wichtig und erhaltenswert. Hier muss sensibel gearbeitet werden, zudem sind auch heimische Firmen mit dem Betrieb verflochten". Drohungen gegen Politiker An vielen Stellen liegen die Nerven in der Causa Bauerngut inzwischen blank, so wurde in dieser Woche ebenfalls bekannt, dass Unbekannte der Ratsfrau Cornelia Laasch (Grüne) einen Drohbrief haben zukommen lassen, in dem allen Grünenpolitikern beim Wegzug von Bauerngut gedroht werde. Die Mitglieder im Bau- und Umweltausschuss zeigen hier klare Kante und Einigkeit: "Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, respektieren wir uns gegenseitig, so funktioniert Demokratie. Wir müssen uns gemeinsam gegen Hass und Hetze stellen", so Vorsitzende Sandra Schauer. Dem stimmten die Mitglieder geschlossen zu. Auch der Betriebsrat von Bauerngut bezieht dazu Stellung: "Gleichzeitig distanzieren wir uns klar von den veröffentlichten Drohungen gegen eine Bückeburger Regionalpolitikerin. Wir lehnen jede Form von Gewalt und Gewaltandrohung ab". Währenddessen versuchen Kritiker weiter, die Beschäftigungszahlen kleinzureden, die Zerschneidung der Landschaft zum obersten Kriterium zu erheben und die hohen Gewerbesteuereinnahmen runterzurechnen, um für ihren Standpunkt gegen einen Bau zu werben. So auch in der Einwohnerfragestunde: einem ausladendem Vortrag ohne die obligatorische Frage eines anwesenden Anwohners musste Einhalt geboten werden mit einem klaren Statement: "Die Arbeitsplätze sind das, was uns wichtig ist, nicht primär die Steuer. Wir machen einen Bauleitplan und werden da alles und alle Interessenlagen in die Waagschale legen", stellt Björn Sassenberg klar.Foto:nh
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Bauerngut prüft alternative Standorte
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