1. Erinnerung schafft Sensibilität

    Bückeburger gedenken der Opfer der Reichspogromnacht / Kranzniederlegung

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    BÜCKEBURG (nh). Erinnern, mahnen und Antisemitismus weiter strikt die Fronten weisen - das muss sich die Gesellschaft auch heute noch immer auf die Fahne schreiben. Zum Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November 1938 erinnern Vertreter von Stadt und Kirchengemeinde in Anwesenheit zahlreicher Bürger an die Gräueltaten des Nazi-Regimes und mahnen zur Wachsamkeit und Mut, sich "falschen Worten entgegenzustellen". Der Posaunenchor der Stadtkirchengemeinde umrahmte diese Gedenkfeier musikalisch passend, Neu-Bürgermeister Axel Wohlgemuth traf die passenden Worte für diesen traurigen Anlass: "Heute vor 83 Jahren brannten in ganz Deutschland und auch in Schaumburg und Bückeburg Geschäfte jüdischer Mitbürger und Synagogen, Familien wurden auseinandergerissen und Gewalt und Unterdrückung salonfähig. Die Reichspogromnacht war der offizielle Beginn der Vernichtung der Juden, nach dieser Nacht konnte jeder sehen, wie Antisemitismus bis zum Mord gesellschaftlich akzeptabel wurde. Im Nationalsozialismus wurde strafbares Verhalten nicht nur geduldet, sondern tagtäglich angewendet". Auch in Zukunft müsse die Erinnerungskultur verteidigt werden vor denen, die ihre Wichtigkeit infrage stellen. "Wir müssen Kinder die Geschichte lehren und wachsam sein, was in der Gesellschaft passiert. Welche Feindbilder gibt es und wo werden Menschen abgewertet? Schon heute müssen wir uns falschen Worten entgegenstellen, egal, wo sie fallen. Wir müssen unseren Beitrag gegen das Vergessen leisten und überlegen, wie wir diese Geschichte den jungen Menschen näherbringen", so Wohlgemuth. Auch Pastor Jan-Uwe Zapke mahnte, sich an drei wichtige Ereignisse zu erinnern: den Holocaust, das Ende des Krieges und den Fall der Mauer. Drei Ereignisse, die die Identität des deutschen Volkes widerspiegeln und zeigen, dass es wichtig ist, sich zu erinnern und auch darüber zu sprechen. Zapke erinnerte sich an einen Besuch im Konzentrationslager Auschwitz, einem Ort, der die wahre Bosheit der Menschen zeige. "Schuhe und Koffer erzählen ihre eigenen Geschichten, es wird dort deutlich, wie böse unsere Vorfahren waren und wie banal und zugleich durchdacht das Böse sein kann. Erinnerung hingegen schaffe Sensibilität. "Deswegen stehen wir heute hier. Wir müssen sagen können: Ich will keinen Antisemitismus hier haben! Der 9. November hat uns gelehrt, dass dieser Satz auch ohne jegliche Poesie sagbar ist. Antisemitismus und Rassismus müssen im Keim erstickt werden und wir müssen überlegen, wie wir damit umgehen", so Zapke. "Wir halten diesen Tag aufrecht". Mit einem gemeinsamen "Vater unser" und einem abschließenden Stück des Posaunenchores wurde die Gedenkfeier beendet. Foto:nh