1. Interview mit Andreas Frenzel-Rückert von der Initiative Landschaftsschutz Schaumburg

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    Schaumburger Wochenblatt (SW): Wie geht es den betroffenen Personen des Vereins nach den eingegangenen Morddrohungen? Landschaftsschutz Schaumburg (Landschaftsschutz): Es ist für uns erschreckend, wie in der heutigen Zeit manche Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten umgehen. Zu den Prinzipien einer Demokratie gehört die freie Meinungsäußerung und davon rücken wir nicht ab. Die bedrohten Personen sind nach diesen Vorfällen äußerst angespannt und beunruhigt. SW: Hat es persönliche Reaktionen von Lokalpolitikern oder der EDEKA-Bauerngut auf die Drohungen gegeben? Landschaftsschutz: Die Politik hat sich zu diesen ungeheuerlichen Vorfällen leider nicht geäußert. Ein klares Bekenntnis zur Meinungsfreiheit vermissen wir, genau wie die klare Einordnung als Straftat. Da hätten wir mehr erwartet als nur eine standardisierte EDEKA-Pressemitteilung. SW: Sprechen wir über den geplanten Neubau des Logis­tikzentrums im Landschaftsschutzgebiet. Sie werfen dort den Beteiligten Intransparenz im Verfahren vor. Landschaftsschutz: Ein Beispiel ist die Info-Veranstaltung im Juli. Hier wurde den Bürgern zwar die Möglichkeit zu Fragen gegeben, aber durch eine externe, extra für diese Veranstaltung beauftragte und bezahlte Moderatorin war es nicht möglich, in die Tiefe zu gehen. Auch Nachfragen waren nicht zugelassen. Herr Jeinsen (Bauerngut) und Bauamtsleiter Herr Sassenberg äußerten sich inhaltlich auch nicht zufriedenstellend. Eine wichtige Aussage machte unserer Meinung nach Frau Engelking, Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises. Sie bezeichnete die beantragte Teilaufhebung des Landschaftsschutzgebietes als "relevanten und eigentlich mit den gesetzlichen Zielen nicht zu vereinbarenden Eingriff in das Landschaftsbild". SW: Bauerngut hat damit gedroht, den jetzigen Standort möglicherweise zu verlassen. Landschaftsschutz: EDEKA und Bauerngut werden keinen Moment zögern, zur Gewinnmaximierung Teile einer Fabrikation oder auch die Gesamtheit zu schließen, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Das kann eine Veränderung in der Logistik oder auch im Verbraucherverhalten sein. Bislang konnten wir bei diesem Unternehmen weder eine soziale noch eine ökologische Verantwortung erkennen. Entsprechend verstehen wir den Zusammenhang überhaupt nicht. Aus unserer Sicht ist ein logistisch optimierter Standort natürlich wichtig. Es gibt aber kein vernünftiges und tragfähiges Argument dafür, dieses mitten in das Landschaftsschutzgebiet zu platzieren. Die Begründung für die extreme Standortnähe ist nicht überzeugend, fadenscheinig und sogar falsch. Erstaunlicherweise hat der Inhalt der hierzu von Bauerngut erstellten Vorlage BV 78/2021 an den Kreistag aber doch ausgereicht, um vom Rat der Stadt Bückeburg eine Entscheidung für den ausgesuchten Standort zu erhalten. Klarer und logischer aus unserer Sicht werden die Pläne nur dann, wenn man den Erneuerungsbedarf des alten Fleischwerks am Hasengarten mit einbezieht. Eine über 30 Jahre alte Industrieanlage kann nicht mehr dem heutigen technischen Standard entsprechen. Das Werk ist steuerlich vollständig abgeschrieben, es generiert also keine Einsparungen mehr bei der Gewerbesteuer. Daher müsste ein Neubau an anderer Stelle her. Klar! Es könnte Richtung Süden an das neue Logistikzentrum angedockt werden. Dann müssten die Fleischprodukte auch nicht mehr vor Einlagerung auf Lkw verladen werden sondern könnten über automatische Transportsysteme eingelagert werden. SW: Trotzdem besteht die Gefahr von Arbeitsplatzverlusten. Landschaftsschutz: Wir haben mehrfach betont, dass wir die Sorge der Mitarbeiter teilen. Wir sind jedoch die falsche Adresse , wenn es darum geht, einen Sündenbock für strategisch falsche Entscheidungen von EDEKA/Bauerngut zu suchen. Die Firma ist in der Verantwortung und sollte daher einen vertretbaren Standort außerhalb eines Landschaftsschutzgebiet finden. SW: Aber Herr Jeinsen spricht sogar von 80-220 neuen Arbeitsplätzen, wenn das Logistikzentrum an der Stelle gebaut wird (SW berichtete). Landschaftsschutz: Diese Behauptung steht im Raum, konnte aber nicht plausibel belegt werden. Fest steht aber, dass sehr wahrscheinlich Arbeitsplätze im Fleischwerk wegfallen. Logistikzentren werden deshalb so vollautomatisiert gebaut, um möglichst viele Arbeitsplätze einzusparen! SW: Was sagen Sie zum Thema Gewerbesteuer? Landschaftsschutz: Gewerbesteuereinnahmen sind für alle Kommunen wichtig, auch für Bückeburg. Allerdings werden sich ja nach der Fertigstellung des Logistikzentrums diese Zahlungen deutlich reduzieren. Es wird hier Abschreibungen auf Jahre geben, die Gewinn und Gewerbesteuerzahlungen deutlich reduzieren. SW: Was sind Ihre nächsten Schritte? Landschaftsschutz: Am 4. November hat unser Verein eine weitere Petition/Beschwerde an die Präsidentin des Niedersächsischen Landtages gerichtet. Ein Verfahren wurde eingeleitet. Die Ratsmitglieder werden per Mail weitere Informationen von uns erhalten. Am 25. November wurde eine Petition an Bürgermeister Axel Wolhlgemuth und den Rat der Stadt Bückeburg übergeben. Wir werden nicht nachlassen und alle verfügbaren Mittel ausschöpfen, um der weiteren Zerstörung von Natur und Landschaft entgegenzuwirken.